Schon 1866 wurden die Gemeinden Bermaringen, Bollingen, Böttingen, Dornstadt, Scharenstetten, Temmenhausen, Tomerdingen und Weidach der Albwasserversorgungsgruppe IV zugeordnet. Doch wie in den anderen Albregionen auch, brauchte es Zeit, bis die Skepsis der Bewohner gegenüber einer solch aufwändigen und kostspieligen Baumaßnahme beseitigt worden war. Scharenstetten, Temmenhausen, Bermaringen und Dornstadt hatten sich 1868 als erste entschlossen. Die anderen Gemeinden zögerten noch.
(1) Am 20. Juni 1873 beschlossen die Vertreter der betreffenden Gemeinden unter dem Vorsitz von Oberregierungsrat Rüdinger und unter Teilnahme von Oberbaurat v. Ehmann „die Ausführung der Alb-Wasser-Versorgung der Gruppe IV ohne Rücksicht darauf, ob und wie viel von Seiten des Staats ihrer Wasser-Versorgung Beihilfe geleistet werde.“
(2) Die Kosten wurden nach dem Bevölkerungsanteil der einzelnen Gemeinden umgelegt. Mit dem Bau des Wasserwerks am Lautertopf begann man im Herbst desselben Jahres. Schon kurz nach dem Baubeginn klagten einige Wasserrechtsbesitzer in Lautern, Herrlingen und Ulm gegen die Gruppengemeinden: Die Albwasserversorgung ziehe der Lauter Wasser ab und führe so zu einer Minderung der Wasserkraft.
Erst als gezeigt werden konnte, dass das Trinkwasser nicht aus dem Lautertopf, sondern aus zwei Bermaringer Quellen entnommen werden sollte, und das Lauterwasser lediglich das Pumpwerk anzutreiben hatte, wurde die Klage im Herbst 1874 zurückgezogen.
Lageplan Lautertopf mit Pumpstation, 1873 (Original: Gemeindearchiv Blaustein, Ortsarchiv Wippingen, Sig. I/WA134)
(1) Vgl. Der Blaumann, Amtsblatt für den Bezirk Blaubeuren, No. 84 vom 16. Oktober 1868
(2) Gemeindearchiv Dornstadt, Ortsarchiv Scharenstetten, Sig. I/SA 282
(3) Bis zur Fertigstellung der gesamten Wasserversorgungsanlagen vergingen 20 Jahre. Als schließlich der Dauerbetrieb begann, zeigte sich, dass die Schüttung des Lautertopfs in Niedrigwasserzeiten nicht ausreichte, um die nötige Pumpkraft aufzubringen. Im Jahr 1894 nahm man deshalb Kontakt mit der Firma Hummel in Ehrenstein auf. Hummel arbeitete eine Antriebslösung unter Einsatz eines Lokomobils aus.
(4) Doch diese Idee konnte nicht überzeugen. Das Königliche Bauamt für das öffentliche Wasserversorgungswesen empfahl den Betrieb einer Dampfpumpstation. Diese könne die gleiche Pumpleistung, wie das Wasserrad bei normalem Wasserstand aufbringen, und würde in anderen Gruppen schon erfolgreich eingesetzt. Vermutlich aus Kostengründen entschieden sich die Gemeinden der Gruppe IV im darauf folgenden Jahr für den Kauf eines Benzinmotors der Gasmotoren-Fabrik Deutz mit 5 Pumpwerk der Maschinenfabrik Esslingen.
Planskizze der Druckleitung nach Weidach, 1873 (Original: Zweckverband Wasserversorgung Ulmer Alb)
Vgl. Konrad Ritter: 100 Jahre Albwasserversorgungsgruppe IV, Sonderbeilage zu den Mitteilungsblättern der Gemeinden Blaustein, Dornstadt, Herrlingen, Scharenstetten, Temmenhausen und Tomerdingen am 13. Dezember 1974.
(5) Die Pumpleistung war auf Dauer zu gering, weshalb man den Benzinmotor später durch einen stärkeren Dieselmotor ersetzte.
(6) 1935 wurde schließlich das veraltete und unwirtschaftlich gewordene Wasserrad durch eine Francis-Turbine der Firma Voith in Heidenheim ersetzt. Bei Niedrigwasserständen sorgte jetzt ein Elektromotor für den Antrieb der Pumpen.
(7) Da sich auch der Wasserspiegel der Quellfassungen deutlich abgesenkt hatte und der Schacht häufig trocken gefallen war, musste man sich entschließen, Trinkwasser aus dem Lautertopf zu entnehmen. Nun wurde der Lauter tatsächlich Wasserkraft entzogen. Zu einer erneuten Klage der Wasserrechtsbesitzer kam es offensichtlich aber nicht mehr. Dem oberirdisch entnommenen Wasser wurde sicherheitshalber Chlor beigemischt.
Pumpwerk (links) angetrieben von einer Francis-Turbine mit horizontaler Welle (rechts) der Fa. Voith, 1935 (Original: Gemeindearchiv Blaustein)
(8) Als in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Einwohnerzahlen deutlich angewachsen waren, reichte die Wassermenge nicht mehr aus. Die Erschließung neuer Quellen und die Herstellung einer neuen Druckleitung wurde zwingend. Die Gebietsveränderungen im Zuge der Gemeindereform machten auch eine Neu- organisation der Wasserversorgung notwendig. Deshalb schlossen sich die Albwasserversorgungsgruppen IV und XII am 1. Januar 1975 zum Zweckverband Wasserversorgung Ulmer Alb zusammen.
Im darauf folgenden Jahr wurde das neue Wasserwerk, wenige Meter lauterabwärts gelegen, in Betrieb genommen. Die geltenden Umweltschutzbestimmungen sahen den Abbruch des alten Wasserwerks vor. Da das Landesdenkmalamt eine Schutzwürdigkeit der gesamten Anlage feststellte, stimmte die Bezirksstelle für Naturschutz dem Erhalt zu. Das einmalige Ensemble wurde schließlich unter Denkmalschutz gestellt.
Die Pumpstation, die zu den frühesten der Region gehört, zeigt sich heute im Zustand von 1935. Eine Instandsetzung der Anlage sollte einerseits diesen technischen Stand festhalten, andererseits mussten auch wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Durch den Einbau eines Generators zur Stromerzeugung gelang dem Zweckverband im Jahr 2000 eine sinnvolle Vermittlung beider Vorgaben.
Die restaurierte Turbine treibt nun den Generator an und veranschaulicht gleichzeitig, wie die Wasserkraft über ein Getriebe auf die Pumpen übertragen wurde. Pumpwerk und Elektromotor sind nicht mehr in Betrieb. Um den funktionalen Gesamteindruck der Anlage zu bewahren, blieben sie an Ort und Stelle stehen. In Lautern ist die Erhaltung eines herausragenden Technikdenkmals der Gründerjahre gelungen.
Pumpstation am Lautertopf, 2004 (Original: Gemeindearchiv Blaustein)
(4) Vgl. Gemeindearchiv Dornstadt, Ortsarchiv Temmenhausen, Sig. I/TeA 297.
(5) Vgl. Gemeindearchiv Dornstadt, Ortsarchiv Temmenhausen ebd.
(6) Das Rad hatte eine Höhe von 5,00 m und eine Breite von 2,60 m (vgl. Gemeindearchiv Blaustein, Ortsarchiv Wippingen, Sig I/WA 134).
(7) Vgl. Winfried Müller: 125 Jahre Albwasserversorgung - Nasse contra Trockene, Stuttgart 1995, S. 32
Dr. Manfred Kindl, Gemeindearchiv Blaustein Veröffentlicht in der Blausteiner Nachrichten Nr. 37 vom 10.9.2004
(8) Die Gruppe XII wurde 1895 von den Gemeinden Beimerstetten, Jungingen und Lehr gegründet.